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Ausgangsbetrachtung
Atherton Tableland-Typische Landschaft in der Umgebung von Atherton
Durch das Atherton Tableland nach Innisfail
Österreich/Wien 09.07.2014
Cooktown-Unvergesslicher Cook´s Lookout mit Blick auf die Coral Sea
Fast hätte ich mir ernsthaft überlegt, einen Tag länger in Cooktown zu bleiben, so gut gefiel es mir in der Region. Da aber der unaufhaltsame Countdown für meine Heimreise lief, und es noch so viel Interessantes in Queensland zu sehen gab, beschloss ich, wie geplant die Rückreise anzutreten. Um halb zehn Uhr stand ich nochmals in der prallen Vormittagssonne am Grassy Hill beim Cook Lookout und blickte wehmütig in die Unendlichkeit der Landschaft. Es fiel mir schwer, von diesem Ort wegzugehen. Vor mir lag die Rückreise über den herrlichen Mulligan Highway bis nach Atherton, wo ich Zwischenstation machen wollte. Das Atherton Tableland hatte ich schon einmal in einer Tagestour umrundet, doch da gab es noch viel mehr zu entdecken. Das Wetter war perfekt an diesem Tag, und auf diese Weise konnte ich die großen Höhepunkte am Reiseweg nochmals voll auskosten. Schon bald passierte ich die dunklen Hügel des Black Mountain, wo ich erneut einen Fotostopp einlegte. Von der anderen Richtung schaute bereits Gesehenes mitunter vollkommen unterschiedlich aus. Trotz einiger kurzer Aufenthalte an den besonders schönen Plätzen kam ich schnell voran und war schon zu Mittag in Mount Molloy kurz nach der Abzweigung nach Mossman und Port Douglas, über die ich zwei Tage zuvor angereist war, angelangt. Doch dieses Mal war ich nicht wieder nach Norden
Cooktown-Atherton Anreise, Sumpfgebiet rund um den Lake Mitchell
abgebogen, sondern hatte meine Fahrt in Richtung Mareeba fortgesetzt.

Auf halbem Weg zwischen Mount Molloy und Mareeba liegt westlich der Straße der Lake Mitchell mit tropischen Savannen- und Feuchtlandgebieten. Dieses zwanzig Quadratkilometer große Naturschutzgebiet ist ein Paradies zur Vogelbeobachtung mit langen Wandermöglichkeiten quer durch die Region. Auch Boots- und Kanufahrten werden angeboten. Ich blieb am Straßenrand kurz stehen und beobachtete das Geschehen. Es gestaltete sich anhaltend faszinierend, wie schnell die Vegetation hier im Norden Queenslands wechseln konnte. Mareeba selber ist eine Stadt mit etwas mehr als 10.000 Einwohnern und ein geschäftiges Zentrum für Betriebe der Viehzucht, Kaffee- und Zuckerproduktion. Der Ort befindet sich im nördlichen Teil des Tablelands und versorgt auch Bereiche der Cape York Halbinsel, von der ich gerade gekommen war. Für Saisonarbeiter, die Arbeit in der Landwirtschaft suchen, ist es ein guter Platz, um anzuheuern. Die Mango-Saison dauert von Jänner bis März, und Avocados werden im Februar und März geerntet.

Atherton Tableland-Lake Tinaroo
Am frühen Nachmittag hatte ich das dreißig Kilometer weiter südlich liegende Atherton erreicht. Im ersten Motel wollte man mir acht Stunden Internet um AUD 30 anbieten, worauf ich weiterfuhr. Der zweite Anlauf klappte besser, das Internet war im Preis inkludiert. Doch auch in dieser schönen Hochlandregion waren die Unterkünfte eher heruntergewirtschaftet und überteuert. Die Betreiber jammerten über die Kosten und saßen häufig zeitunglesend oder nichts tuend umher, anstatt ihre Häuser auf Vordermann zu bringen. Das war ein echtes Sittenbild der Region. Jedenfalls hatte ich ein Quartier für zwei Tage gefunden und konnte neue Ausflugspläne schmieden. Atherton, die „Hauptstadt“ der Tablelands, ist ein netter kleiner Ort mit viel Landwirtschaft ringsum, hat aber sonst nicht sonderlich viel für den Besucher anzubieten. Der Reiz liegt in der Umgebung der Stadt.

Aus diesem Grund machte ich mich auf den Weg zum Lake Tinaroo, einem künstlichen Stausee von beträchtlicher Größe am Barron River mit einem 45 Meter hohen Damm. Die Anreise führte mich anfangs über Kairi zu den westlichen Ufern des Gewässers. Das Wetter war stark bewölkt, und der See lag umgeben von Hügelketten etwas
Atherton Tableland-Lake Tinaroo und Umgebung
dunkel vor meinen Augen. Vereinzelt ragten noch Baumstümpfe, die der Flutung zum Opfer gefallen waren, aus dem Wasser. Die Aufgabe des in den 1950er Jahren entstandenen Stausees besteht darin, jährlich an die 9.000 Hektar Flächenabschnitte an den Flussbecken von Barron, Mitchell und Walsh River zu bewässern. Zusätzlich werden noch an die 800 lokale Farmbetriebe über das Kanalsystem mit Wasser versorgt. Auch das Kraftwerk in Kuranda am Unterlauf des Barron River wird bedient. Der erste Uferabschnitt, den ich besuchte hatte einen Parkplatz mit Campingmöglichkeit und lichtem Wald. Ein Camper-Bus mit einem fischenden Pärchen stand einsam am Strand. Viel war hier nicht los, doch es war ein schöner Platz.

Dann setzte ich meine geplante Umrundung fort und kam auf eine kleine Anhöhe. Immer wieder fuhr ich kurze Stichstraßen bis ans vermeintliche Ufer vor, bekam aber außer ein paar schönen Villen nicht viel von der Landschaft zu sehen. Ein richtig großer Ausblick ergab sich von der Höhe leider auch nicht. In Tinaroo Falls, dem kleinen Hauptort am See, stieg ich erneut aus dem Wagen und spazierte über einen schönen Kinderspielplatz zum Ufer. Hier gab es eine Reihe von
Atherton Tableland-Lake Tinaroo, Dam Wall
Möglichkeiten zur Nächtigung. Ein einheimischer Hausbesitzer erzählte von der Schönheit der Natur und erklärte mir den weiteren Weg. Seitlich der Staumauer befand sich der Tinaroo Lookout, welcher einen Blick über die Wasseroberfläche zu den zwischenzeitlich sonnenbeschienenen Wäldern auf der anderen Seite zuließ. Hinter der Mauer begannen die angesprochenen Bewässerungskanäle. Ich fuhr noch ein Stück weiter und parkte den Wagen hinter dem Damm aus Beton. Meine Neugier führte mich einen kurzen Waldweg entlang in Richtung der Mauer, wo ich ein starkes Wassergeräusch vernahm. Aus einer Düse schoss eine gewaltige Wasser-Fontaine unterhalb der Mauer in den wieder beginnenden Flusslauf. Obwohl das Gebiet nicht abgeriegelt war, vermutete ich, dass ich mich eigentlich in einer Sperrzone befand. Mein Zugang über den Waldweg war nicht als gesperrt markiert gewesen. Daher kletterte ich den Damm seitlich neben der Mauer hinauf und begutachtete das monströse Bauwerk auch von oben. Das war sicherlich verboten, aber wo kein Kläger da kein Richter. Unten auf der anderen Flussseite stand ein Mann neben einem Gebäude, der allerdings nichts unternahm. Seelenruhig kletterte ich wieder hinunter, ging zurück zum Auto und fuhr weiter.

Atherton Tableland-Lake Tinaroo, Dam Wall
In der Folge verließ ich bebautes Gebiet und folgte dem Danbulla Forest Drive innerhalb des Danbulla National Parks und des State Forest. Hier standen auf einer Fläche von mehr als 12.000 Hektar Eukalyptus-, Akazien-, Kiefer- und Regenwälder inmitten des Atherton Tablelands. Es handelte sich um eine großartige Landschaft eingebettet zwischen Wasser und Hügelketten. Hinter jeder Kurve zeigten sich neue Perspektiven. Große Granitfelsen lagen überall neben der Straße. Später präsentierte sich ein geisterhafter toter Wald im Wasser, wo nur die nackten Baumstümpfe übrig geblieben waren. Mit einem Mal endete die Asphaltstraße und eine Schotterstraße hätte weiter um den Stausee geführt. Im Wald war es jedoch bereits ziemlich dunkel und es war auch schon zu spät, um auf schlechten Straßen weiter um den See zu fahren. Da hätte ich noch ein schönes Stück des Weges vor mir gehabt, betrug doch die gesamte Uferlinie an die zweihundert Kilometer. Gemütlich kehrte ich nach Atherton zurück, wo ich noch einkaufte, und mich danach von den langen Autofahrten im Motel erholte.

Atherton Tableland-Danbulla National Park, Lake Tinaroo
Die Gegend, in der ich mich aufhielt, lag auf rund achthundert Meter Höhe, und des Nachts kühlte es merklich ab, sodass ich sogar ein wenig fror. Zusätzlich presste sich der gesamte Durchzugsverkehr hinter einem schmalen Streifen Wald nahe dem Motel durch, und es war sehr laut, keine idealen Voraussetzungen für ein erholsames Dasein. Bis Mittag beschäftigte ich mich mit Büroarbeiten und fuhr dann auf den grünen Hügel hinter dem Motel. Eine schmale Straße führte leicht bergauf, vorbei an eingezäunten Weiden und Zuckerrohrfeldern. Weiter oben flachte die Landschaft ab und setzte sich bis zu den nächsten runden Hügeln in einer Ebene fort. Von der Kuppe blickte ich auf die im Tal ebenfalls auf einem Hügel errichtete Stadt Atherton. Die Wolken hatten sich zusammengezogen, und der Regen konnte jederzeit losbrechen. Dann fuhr ich den Kennedy Highway nach Norden Richtung Mareeba, um die Granite Gorge westlich der Straße zu besuchen. Durch den kleinen privaten Naturpark floss der Granite Creek mit großen Felsblöcken aus Granit rundum, welcher der Klamm ihren Namen gegeben hatte. Es gab Spazierwege, man konnte auf den riesigen Felsformationen herumturnen, campen und schwimmen. Krokodilgefahr herrschte ausnahmsweise keine. Die Anreise führte mich an der Mount Uncle Distillery vorbei, in der
Atherton-Granite Gorge Nature Park Anreise
Whisky, Rum, Honig, Wodka und saisonabhängig verschiedene Liköre hergestellt wurden. Man konnte Kostproben nehmen, was ich nicht tat, und auch Speisen im Café bestellen. In einer Obstplantage unterhielt ich mich eine Weile mit einem australischen Farmer, der mir seine Geschichte gespickt mit den aktuellen Problemen erzählte. Die ganze Gegend wurde hier bewässert, was ohnehin an den zahlreichen Kanälen zu erkennen war, doch die Preise für das Wasser lagen angeblich im sehr hohen Bereich. Ich fragt ihn nach der Granite Gorge, und er meinte, der Park sei einen Besuch wert. Er selber wäre schon länger nicht dort gewesen und hätte mit seinem Motorrad auf der Strecke einmal einen schweren Unfall produziert und das ohne Helm. Nach dem angeregten Gespräch fuhr ich weiter ins Landesinnere, bis eine Staubstraße die Einfahrt zum Park ankündigte.

Am Ende der Straße stellte ich den Wagen am Parkplatz an einem Campingplatz ab und wanderte zu den Felsen. Eigentlich hätte man sich an der Rezeption anmelden und irgendeine Gebühr bezahlen müssen, was ich ausließ. Über einige kolossale abgerundete Felsbrocken kam ich zum Wasserlauf, der ganz nett aber nicht sonderlich spektakulär
Atherton Tableland-Granite Gorge Nature Park
wirkte. Der Bach wand sich zwischen runden und flachen Felsen seinen Weg. Bäume und Sträucher säumten das Ufer. Eine künstliche Fallstufe von ungefähr einem Meter Höhe deutete einen kleinen Wasserfall an. Bachaufwärts lichtete sich die Vegetation, und auf der anderen Uferseite breitete sich eine Mango-Plantage aus. Von diesem Standort aus gefiel mir der Platz am besten, da man den freien Bachlauf in Richtung der Felsen blicken konnte. Nach einer halben Stunde hatte ich alles gesehen und fuhr ab. Am Rückweg hielt ich an einem der Bewässerungskanäle neben den Obstkulturen. Ich fragte mich, ob der Aufwand für die Bewässerungssysteme wirklich so effektiv gestaltet werden konnte, wie behauptet. Es schaute alles einfach aus, doch war es das auch? Günstig war das einheimische Obst und Gemüse jedenfalls hier nicht zu bekommen.

In Atherton regnete es schließlich. Eine Christliche Kirche mit bräunlich-roten Ziegelmauern, weißen Säulen und weißen Fensterumrahmungen und einem kleinen Vorgarten weckte mein Interesse. Sie schien neu renoviert, da die Farben sauber und klar wirkten. Im Inneren war sie einfach gehalten mit Holzbänken, einem Dachstuhl aus dunkelbraunem
Atherton-Chinatown, Versuch mich gegen Entgelt in diesen einfachen Wellblechtempel zu locken
Holz und strahlend weißen Mauern. An den Längswänden hangen die Bilder für den Kreuzgang, und der Altarbereich wies länglich abgerundete Glasfenster mit Mosaiken auf. Eine Dame am Parkplatz wies mir den Weg zum Chinesischen Tempel, den ich suchte. Die Chinatown, ein Relikt aus den späten 1800er Jahren, als die chinesischen Immigranten hier nach Gold schürften, lag an der südwestlichen Ausfahrt von Atherton Richtung Herberton. Es dauerte eine Weile, bis ich die eher unauffällige Stätte bemerkte. Der Eingang war durch einen feuerroten chinesischen Drachen an einer Säule mit dem Hinweis auf das Museum und eine Galerie gekennzeichnet. Eine resolute Dame empfing mich mit der Aufforderung, ein Ticket zu lösen. Ich wollte nur den Tempel sehen, weder die Galerie noch das Museum interessierten mich. Diese Geschichten hatte ich schon zur Genüge an vielen anderen Orten kennen gelernt. Das war jedoch nicht möglich, und ich verließ das Areal wieder. Von außen bemerkte ich dann einen kleinen Wellblechtempel auf einer grünen Wiese umgeben von ein paar Bäumen, der unspektakulärer nicht hätte sein können. Da hatte ich wahrlich nichts verpasst!

Atherton Tableland-Hasties Swamp National Park
Südlich von Atherton an einer Verbindungsstraße zum Kennedy Highway liegt der Hasties Swamp National Park, ein kleiner Abschnitt Sumpfland mit reicher Vogelwelt und Beobachtungsplätzen. Eine Schotterstraße brachte mich weiter in das Innere des jahreszeitlich bedingten Moorgebiets mit mehr als zweihundert Vogelarten. In den vergangenen einhundert Jahren war es allerdings nur ein paar wenige Male zur Gänze ausgetrocknet. Eine Weile verbrachte ich auf einem Beobachtungsstand am Ufer, wo in Bildern die wesentlichen hier heimischen Vögel dargestellt waren. Es handelte sich um eine Oase der Ruhe und Beschaulichkeit.

Nach dem Genuss dieser friedvollen Region kehrte ich zum Kennedy Highway zurück und folgte diesem nach Süden. Nach Ravenshoe waren noch 42 Kilometer angezeigt. So weit wollte ich jedoch gar nicht, da mein nächstes Ziel, der Mount Hypipamee National Park, etwa auf halbem Weg zwischen Atherton und Ravenshoe lag. Die wunderschöne Anreise führte mich durch saftig-grünes welliges Hügelland, das für die Weidewirtschaft genutzt wurde. Der Mount Hypipamee National Park ist Teil der Wet Tropics World Heritage Area und beherbergt zwei attraktive Sehenswürdigkeiten, einerseits
Atherton Tableland-Mount Hypipamee National Park, The Crater
den gespenstischen Hypipamee Krater und andererseits die Dinner Falls inmitten des Regenwaldes. Es war wieder einmal erstaunlich, wie schnell im Norden von Queensland die Landschaften wechseln konnten. Plötzlich befand ich mich in einer dunklen Zufahrtsstraße in den Nationalpark, wo über den Hügelspitzen die Nebelschwaden vorbeizogen. Es war gänzlich konträr zur Anfahrt über die lichten Weidehügel davor. Ich stellte mein Fahrzeug im Wald am Parkplatz ab und begann die kurze Wanderung zum Krater. Im Wald war es feucht und dunstig, die Wege teilweise steil und eng. Der Krater war schnell erreicht, und von einer großen Aussichtsplattform war es möglich, in die Tiefe zu blicken. Es handelte sich dabei nicht bloß um ein spektakuläres Loch im Felsboden, sondern um eine Explosionsröhre, die infolge einer gewaltigen Gasexplosion ohne jegliches eruptives Zusatzmaterial entstanden war. Der enge überschwemmte Korridor war an die 140 Meter tief, davon rund 80 Meter unter Wasser liegend. Seine Oberfläche war von einer dicken Schicht Entengrün bedeckt, die wie eine Erbsensuppe aussah. Der Höhlenboden war von breitem Schlamm- und Bodenstreuabfall aufgefüllt. Ich blickte in die düstere Tiefe, die von massiven baumbewachsenen Felswänden umringt war, und war überaus begeistert. Die Szenerie hätte einem Science
Atherton Tableland-Mount Hypipamee National Park, Dinner Falls
Fiction Film entnommen sein können. Ständig lernte man Dinge kennen, die einem vorher noch nicht begegnet waren. An der Plattform traf ich auf ein australisches älteres Ehepaar aus Perth. Die Frau wagte sich wegen ihrer Schwindelgefühle nicht an den Rand des Ausblicks.

Gemeinsam stiegen wir den schmalen Pfad zu den Dinner Falls ab. Von unten folgten wir dann dem Wasserlauf wieder aufwärts und bekamen ein paar Fallstufen zu sehen. Es gab auch ein Becken, in dem man hätte schwimmen können. Nach einem kurzen Aufstieg gelangte ich wieder zum Parkplatz und trat die Heimreise nach Atherton an. Das Wetter hatte sich ein wenig aufgehellt, und gelegentlich blinzelten einzelne Sonnenstrahlen auf die gewellten Bodenformationen. In Summe blieb es aber regnerisch und kühl. An manchen Stellen sah ich die fruchtbare rot-braune Erde leuchten.

Es war der 1. Juni 2014, und ich wollte noch genau eine Woche unterwegs sein, bis ich nach rund 15 Monaten Reise meinen Heimflug antreten würde. Vom vielen Autofahren und intensiven Sightseeing war ich in Summe schon zu erschöpft, um noch länger auf der Achse zu bleiben. Auch machte es auf Dauer alleine nicht mehr genug Spaß, was
Atherton Tableland-Kennedy Highway, fruchtbares rotbraunes Ackerland auf der Rückreise nach Atherton
mich anfangs überhaupt nicht gestört hatte. Zusätzlich präsentierte sich Australien übermäßig teuer und im Verhältnis qualitativ schlecht, sodass ich nicht weiter Lust verspürte, mein Geld hier liegen zu lassen. Bevor ich Atherton endgültig den Rücken zukehrte, fuhr ich auf den Hallorans Hill Lookout am Stadtrand und genoss nochmals den Rundblick in das schöne Tableland mit seinen Hügeln, Ketten und Ebenen. Das Wetter zeigte sich erneut nicht einwandfrei, und nur manchmal kamen ein paar Sonnenstrahlen für kurze Zeit durch die Wolkendecke.

Meine nächste größere angepeilte Zwischenstation hieß Malanda, ein Ort mit knapp mehr als zweitausend Einwohnern südöstlich von Atherton. In der Region verzweigten sich derart viele Straßen, dass mein Orientierungssinn kurz durcheinanderkam, und ich die falsche Abzweigung erwischte. Bald merkte ich, dass ich Richtung Yungaburra und Cairns in die entgegengesetzte Richtung unterwegs war, und kehrte um. Am Straßenrand fielen mir immer wieder Kirchengebäude der verschiedensten Konfessionen auf, wo rundherum eine Menge Autos standen, und die Menschen offenbar Gottesdienste besuchten. Ich fragte mich insgeheim, welchen tatsächlichen Effekt diese Besuche hervorbrachten, da das Verhalten der Mehrheit der Leute alles andere als göttlich war.

Atherton-Hallorans Hill Lookout
Als ich nach kurzer Zeit der Verirrung wieder auf der richtigen Straße unterwegs war, erreichte ich nach wenigen Kilometern die kleine Abzweigung zum Curtain Fig Tree, einer mächtigen fünfhundert Jahre alten grünen Würgefeige, die mit ihren Luftwurzeln einen breiten Vorhang in der Luft ausbreitete. Der berühmteste Baum des gesamten Tablelands stand im kleinen Rest des Mabi State Forest, der nur durch seine Anhäufung großer Basaltfelsbrocken von der Rodung verschont geblieben und nicht zu Farmland umgewandelt worden war. Verschiedene Tiere wie der Helm-Kasuar (Southern Cassowary) waren schon aus der Gegend verschwunden, und auch diverse Pflanzenarten waren bedroht. Es hing von den weiteren Schutzmaßnahmen ab, wie sich dieses schöne Stück Erde zukünftig entwickeln würde. Ein großzügiger Boardwalk führte in den Wald zum Feigenbaum. Es handelte sich um einen der am häufigsten besuchten Plätze innerhalb der Wet Tropics World Heritage Area. Aufmerksam durchschritt ich den Regenwald. Alleine die Entstehungsgeschichte einer Würgefeige ist bereits bemerkenswert. Zu Beginn nistet sich ein Samen in der Krone eines Wirtsbaumes ein. Dieser keimt mit der Zeit auf, und erste Wurzeln erreichen irgendwann den fruchtbaren Boden. Kräftige Luftwurzeln beginnen in der Folge den Wirt
Atherton Tableland-Curtain Fig Tree
zu umkreisen, bis er schließlich erstickt. In diesem Fall stürzte der leblose Wirtsbaum auf seinen Nachbarn und hielt die Feige in einer etwa 45 Grad Position aufrecht. Vom Stamm der Feige in dieser einzigartigen Lage wuchsen vertikale Wurzeln in die Tiefe, welche das Bild eines Vorhangs entstehen ließen. Und als der alte Wirtsbaum endgültig verrottet war, blieb der spektakuläre Feigenbaum alleinstehend zurück.

In Malanda ging ich in das Malanda Falls Visitor Centre, das zwischen der Straße und dem Abgang zu den Malanda Falls stand. Die Gegend beheimatete einen hohen kühlen Regenwald als Teil der Wet Tropics. Hier war auch das faszinierende und äußerst selten vorkommende Baum-Känguru zu finden, das sonst nur noch in Neu-Guinea lebt. Der Wasserfall wird vom North Johnstone River gespeist und war nicht besonders beeindruckend. Seine Lage im Regenwald gefiel mir jedoch, und eine Markierung beim Abgang zeigte, welch verheerende Überschwemmungen der Fluss verursachen konnte. Am Ortsende von Malanda nahm ich die neun Kilometer lange Abzweigung zur Nerada Tea Factory mit dem angeschlossenen Visitor Centre. Dabei durchquerte ich saftiges grünes Hügelland. Es begann zu regnen, und jeder
Atherton Tableland, Malanda-Nerada Tea Factory Anreise
Tritt in die Natur endete hier in quatschiger Erde. Bald bekam ich die ersten hellgrünen Teepflanzen vor die Linse, was immer ein freudiges Erlebnis für mich war. Die eigentliche Einfahrt zur Fabrik entpuppte sich als unannehmbare Schlammstraße. Das war wieder einmal so typisch für Australien. Man wollte den Gästen etwas verkaufen, schuf aber nicht die entsprechenden qualitativen Voraussetzungen. Das gesamte Areal war komplett durchnässt, und auch der Zugang zum Besucherzentrum stellte im Grunde eine Zumutung dar. Nach einem kurzen Hallo im Gebäude hielt ich Ausschau nach den Baum-Kängurus, die hier zu finden sein sollten. Und tatsächlich erspähte ich ganz oben in einem Baumwipfel neben der Fabrik ein Exemplar. Die Entfernung war aber für ein wirklich gutes Foto zu groß. Von der Distanz sah das Tier aus wie ein Koala-Bär. Dann reichte es mir hier, und ich trat den Rückzug an, in dessen Verlauf es noch einige schöne Stellen zu sehen gab. Am kleinen Battle Creek war neben einer winzigen einspurigen Brücke eine Rindertränke eingerichtet. Eine weitere einspurige Brücke führte über den Johnstone River, und danach erklomm ich einen Hügel, von dem aus ich einen guten Blick auf das gewellte dunstige Land werfen konnte.

Atherton Tableland, Millaa Millaa Falls
Von Malanda waren es noch an die fünfundzwanzig Kilometer ins südliche Millaa Millaa, von wo aus der Wasserfall-Rundparcours mit insgesamt vier Fällen seinen Ausgangspunkt nahm. Für die gesamte Tour war meine Zeit zu knapp, doch den größten aller Wasserfälle der Region wollte ich besuchen. Der rund achtzehn Meter hohe Millaa Millaa Wasserfall punktete mit einem schönen natürlichen Schwimmbecken, Umkleidekabinen, einer Picknick-Liegewiese und attraktiver Farn- und Weinpflanzenvegetation auf achthundert Meter Seehöhe. Der Regen hatte inzwischen wieder aufgehört, und ich bewegte mich in der Folge über den malerischen Palmerston Highway am Plateau der Dividing Range Richtung Innisfail, meinem Etappenziel nahe der Küste. An der Henrietta Creek Camping Area blickte ich von einer Brücke in den klaren Bergfluss, der von Regenwald und reicher Tierwelt umgeben war. Hier erzeugten schwere Regenfälle mitunter große Wassermengen, die durch das steile Gelände aber schnell abfließen konnten. Das poröse Basaltgestein am Boden übte gleichzeitig eine wasserspeichernde Funktion aus. Ich befand mich in der Region des Wooroonooran National Parks, der einer der größten Nationalparks in Queensland ist, und im Zentrum der Wet Tropics World Heritage Area liegt. In diesem
Atherton Tableland, Millaa Millaa-Innisfail Anreise, Crawfords Lookout
gebirgigen Gelände erheben sich auch zwei der größten Bergspitzen des Bundesstaates mit an die 1.600 Meter Höhe. Große Teile sind unzugänglich, und hier in der Umgebung meines Standortes entlang des Palmerston Highways gab es einige Fußpfade, um diesen uralten Wald zu erforschen. Vom Crawfords Lookout, an dem ich stand, wäre es möglich gewesen, über einen steilen schwierigen Weg näher an die sehenswerte North Johnstone River Gorge zu gelangen, was mir in Anbetracht der Zeit jedoch leider verwehrt blieb. In diesen Wäldern versteckte sich viel Interessantes, das spürte ich, doch dafür hätte ich einige Tage extra gebraucht.

Innisfail befindet sich an die neunzig Kilometer südlich von Cairns am Bruce Highway. Der Ort mit mehr als zehntausend Einwohnern ist Sitz des Verwaltungsgebietes der Cassowary Coast Region und eine der regenreichsten Städte Australiens. Die vorherrschenden Industriezweige sind der Zuckerrohr- und Bananenanbau. Im März des Jahres 2006 erregte die Region weltweite Aufmerksamkeit, als der tropische Zyklon „Larry“ den Landstrich verwüstete. Das Stadtzentrum liegt am Zusammenfluss des North und South Johnstone Rivers etwa fünf Kilometer von der Küste entfernt. Unweit der Stadt stehen große Gebiete alter tropischer Regenwälder, die von
Innisfail-Watertower (Art Deco)
Flächen intensiver Landwirtschaft umgeben sind. Der höchste Berg in Queensland, der Mount Bartle Frere, ein Teil der Great Dividing Range, erhebt sich ungefähr fünfzehn Kilometer nördlich von Innisfail.

Über die wunderbare Hauptstraße, die sich durch Innisfail schlängelt, fuhr ich in die geschäftige Farmerstadt ein. Es dauerte nur kurz, bis ich ein erstes Motel erblickte, wo ich erfolgreich eincheckte. Eine freundliche kleine Philippinerin an der Rezeption erledigte alles zu meiner Zufriedenheit. Wenig später saß ich bereits wieder im Auto und begann, die Stadt zu erkunden. Im Ort wimmelte es nur so von Art-Deko Gebäuden, nachdem in den 1920er und 1930er Jahren viele Bauwerke von heftigen Zyklon-Stürmen zerstört worden waren, und der Wiederaufbau im Stil der damaligen Zeit erfolgte, was Innisfail in die Art-Deko Hauptstadt von ganz Australien verwandelte. Bevor mir diese Tatsache noch wirklich bekannt war, stolperte ich schon über einen außergewöhnlich schönen Wasserturm in der Nähe der Flussbrücke. Die vielen bunten Farben und die Architektur waren schlicht einzigartig. Meine Rundfahrt ging weiter zur Esplanade am North Johnstone River. An der Uferzeile standen ein paar nette Häuser, und im Wasser lagen vereinzelt Segel- oder andere Boote. Die Gegend war ruhig und schön. Ich überquerte die
Innisfail Court House
ebenfalls sehenswerte 113,5 Meter lange New Jubilee Bridge aus dem Jahr 2011 und gelangte in das eigentliche Zentrum. An der Fitzgerald Esplanade streifte ich das Canecutters Memorial aus 1959, das von der italienischen Community als Erinnerung an die Pioniere der Zuckerrohrindustrie aus italienischem Carrara Marmor errichtet worden war. Die Stadt war ein Hingucker, das konnte ich an allen Ecken und Enden wahrnehmen. Später stieß ich im CBD auf einer Anhöhe auf eine wunderschöne Katholische Kirche. Gegenüber lagen mehrere Backpacker-Unterkünfte aus Holz, die an den Wänden das Verbot von Bananen-Importen plakatiert hatten. Am Ende der Straße stand eine winzige anglikanische Holzkirche. Am Rückweg besuchte ich die große Kirche im Inneren, wo sie hielt, was von außen versprochen war. Ich unternahm bloß einen kurzen Spaziergang, um einen ersten Überblick zu erhalten. Hier standen so viele interessante Gebäude, dass ich eine eigene Tour dafür planen wollte. Auffällig waren noch die gelbfarbige Shire Hall neben dem alten Queens Hotel, einige Häuser auf der gegenüberliegenden Straßenseite und das abgerundete Innisfail Court House mit den zwei charakteristischen Säulen vor dem Eingang.
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